VSG Medienmitteilung vom 8.11.2022
Gasversorgungssicherheit in der Schweiz
Gasversorgungssicherheit in der Schweiz: aktueller Stand
In Europa sind die Gasspeicher gut gefüllt, die Herbsttemperaturen waren mild, der Gasver-brauch ging zurück, und in der Folge sind die Spotmarktpreise für Gas stark gesunken. Ob-wohl sich in der Gasversorgung eine Entspannung abzeichnet, kann keine Entwarnung gegeben werden. Nach wie vor besteht die Gefahr einer Gasmangellage im kommenden Winter. Wir senden Ihnen hier unsere aktuelle Einschätzung der Lage zur Gasversorgungssicherheit in der Schweiz:
Insgesamt fliessen nur noch geringe Gasmengen von Russland nach Westeuropa. Der Anteil des russischen Gases in Europa liegt inzwischen unter 10 Prozent. Flüssigerdgas (LNG) und Gas aus der Nordsee machen je einen Drittel des nach Europa importierten Gases aus. Dann folgen UK und Nordafrika als Gaslieferanten, die heute für Europa wichtiger sind als Russland. Die Speicheranlagen sind inzwischen sehr gut gefüllt, in der EU zu rund 95 Prozent und in Deutschland zu fast 100 Prozent. Darüber hinaus gibt es viele Initiativen zur Dämpfung des Gasverbrauchs. Dieser befindet sich in der EU zurzeit rund 20 Prozent unter dem Vorjahresniveau, was nicht unwesentlich auf die milden Oktobertemperaturen in weiten Teilen Europas zurückzuführen sein dürfte. Allerdings werden die sinkenden Temperaturen nun den Verbrauch wieder deutlich ansteigen lassen. Auch in der Schweiz ging der Gasverbrauch über die Sommermonate um durchschnittlich 15 Prozent zurück. Dies ist vor allem auf die Industrie zurückzuführen, die weniger Gas verbraucht hat.
Das milde Wetter und die gut gefüllten Gasspeicher haben zu einer deutlichen Entspannung bei den Spotmarktpreisen für Gas geführt. Ende August bewegten sich die Gaspreise zwischenzeitlich über 330 Euro pro Megawattstunde, inzwischen sind sie zeitweise deutlich unter 50 Euro zurückgegangen. Auf einem nach wie vor hohen Niveau befinden sich die Preise auf dem Terminmarkt. Das lässt darauf schliessen, dass der Markt davon ausgeht, dass die Probleme rund um die Gasversorgungssicherheit noch nicht gelöst sind. Nach wie vor bestehen diverse Unsicherheitsfaktoren. Je nach Konjunkturentwicklung steigt in Asien, insbesondere China, die Nachfrage nach LNG, was die Preise wieder hochtreiben könnte. Wieviel Gas in Europa im Winter für die Stromproduktion verwendet werden muss, hängt auch davon ab, wie schnell die zahlreichen in Revision befindlichen französischen Kernkraftwerke wieder am Netz sind. Im Weiteren kann nicht vorausgesagt werden, ob im Winter eine längere Kälteperiode zu erwarten ist.
Die Schweizer Gaswirtschaft hat in den vergangenen Monaten sehr intensiv daran gearbeitet, eine Gasreserve für den Winter aufzubauen. Die Ziele konnten inzwischen erreicht werden. Wichtig ist jedoch, dass sichergestellt wird, dass sich die Länder bei einer Mangellage gegenseitig so weit wie möglich unterstützen. Der Bund verhandelt zu diesem Zweck über Solidaritätsabkommen mit Nachbarstaaten. Ob und unter welchen Bedingungen konkrete Resultate erzielt werden, ist im Moment jedoch völlig offen.
Die Kriseninterventionsorganisation für die Gasversorgung KIO Gas, welche die Aufgabe hat, die aktuellen Entwicklungen zu beobachten und bei einer Mangellage die Netzbetreiber bei der Umsetzung der vom Bund angeordneten Bewirtschaftungsmassnahmen zu unterstützen, hat sich inzwischen organisatorisch aufgestellt und die Arbeiten in den Bereichen Angebots- und Verbrauchslenkung aufgenommen.
Es ist nach wie vor wichtig, dass in der Schweiz Energie gespart wird. Von daher hat die Energiesparkampagne des Bundes nichts an Dringlichkeit eingebüsst. Als Teil der Winter-Energie-spar-Initiative wurde die Energiespar-Alliance lanciert, zu deren Gründungsmitgliedern auch der VSG gehört. Ziel ist, die Energiesparbemühungen in Wirtschaft und Gesellschaft breit zu verankern. Viele Fragen, welche die Versorgungssicherheit betreffen, sind mittel- bis langfristig nicht gelöst. So weist die Internationale Energieagentur IEA in ihrem aktuellen Bericht bereits auf die Herausforderungen der europäischen Gasversorgung für den Winter 2023/24 hin. Laut IEA dürfte die ausreichende Befüllung der Speicheranlagen nächsten Sommer schwieriger werden als in diesem Jahr, zumal 2023 die Gasflüsse aus Russland weiter abnehmen dürften. Zudem sehen Konjunkturprognosen für Asien einen Mehrbedarf an Flüssiggas voraus. Auch wenn im Moment die Schweizer Gasversorgung sichergestellt ist, kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Aktuell laufen die Arbeiten der Schweizer Gasversorgung für den Winter 2023/24 an. Die Herausforderungen sind nach wie vor gross.
VSG/08.11.2022